Warum Spannungen helfen können, wirksamer in Teams zu arbeiten.

Spannungen – wenn Menschen zusammenkommen, dann wird es spannend. Von Begeisterung, Fröhlichkeit, Kreativität bis hin zum Missverständnis, Frust und echten Konflikten. Das kommunikative Spielfeld ist groß. Und gerade auf dem Tummelplatz der virtuellen Teamarbeit, also da, wo Menschen in Zoom-Meetings, ins Slack-Chats oder via WhatsApp miteinander interagieren, ist es oft umso wichtiger, Fragen, Bedenken und Wünsche möglichst früh und auf Augenhöhe zum Ausdruck zu bringen.

Was sind Spannungen?

Spannungen sind Signale. Sie signalisieren, dass etwas nicht stimmt und etwas angesprochen oder geklärt werden muss. Eine Spannung kann ein persönliches Gefühl sein, welches jeder nur selbst wahrnehmen kann. Oder ein Thema, welches zur Diskussion gestellt werden soll oder mit dem sich ein Teammitglied unwohl fühlt und darüber sprechen möchte. Auch ein Wunsch nach Veränderungen im Team oder in einem Projekt kann ein Spannungsthema sein. Eine offizielle Definition gibt es nicht.

Der Begriff hat seine Wurzel im englischen „tension“ und ist in der Holacracy zu Hause. Holacracy ist ein Konzept für agiles Organisieren, in dem die Spannungen von Mitarbeitenden und Teams ausdrücklich ihren Platz und Wert für die Weiterentwicklung haben.  Das Wort „Spannungen“ ist wie ein Code-Wort, dass wir etwas besprechbar machen wollen. Spannungen sind Ausdruck von unausgeschöpftem Potential, das für ein Team wirklich bedeutsam sein kann und einen festen Platz in Meetings gebührt. Es ist ein wirkungsvolles Signalwort, das hilft, ein Thema auf die Bühne zu heben.

Was Menschen brauchen.

Zu ein und demselben Thema schauen Menschen durch unterschiedliche Schlüssellöcher und nehmen so verschiedene Perspektiven ein. Es entstehen ungleiche Bilder. Bedürfnisse und Wünsche unterscheiden sich voneinander. Und gleichzeitig haben wir unterschiedliche Präferenzen und Erwartungen. Vielleicht wünschen wir uns mehr oder weniger Feedback? Oder wir sind mit einer Projektentwicklung nicht einverstanden und brauchen bei der Umsetzung eines Auftrags Unterstützung. 

Unterschiedlichkeit ist ok. Auch die Vielfalt schafft neue Blickwinkel und dennoch ist sie manchmal auch der Nährboden für Spannungen, also für neue Energie, Lernen und gemeinsame Entfaltungsmöglichkeiten.

Spannungen bei der Arbeit – Arbeit mit Spannung.

Das Wort „Spannungen“ wird in vielen, vor allem eher modernen Organisationen ganz praktisch und selbstverständlich eingesetzt, um Veränderungspotential zu beschreiben.

Als ich das erste Mal mit dem Vorhaben, über Spannungen zu sprechen, in einem virtuellen Teammeeting konfrontiert wurde, war ich ganz sicher nicht begeistert.  Mir ist noch sehr bewusst, dass mir anfänglich der Zugang zu diesem Wort fehlte. Und ehrlich: Ich hatte eher das Gefühl, dass etwas Unkontrollierbares in der Luft lag und berufliche Frustrationen oder persönliche Themen auf den Tisch kommen könnten. Naja, irgendwie war es auch so. Das darauf Einlassen ist wirklich wertvoll und eine Erfahrung wert. Gerade für die Person, die ein Thema einbringt sowie für die Teammitglieder, die z.B. durch Feedback oder einen neuen Gedankengang partizipieren.

Interessanterweise werden Spannungen in unserem Kulturkreis eher vermieden. Im Grunde begegnen sie uns jedoch jeden Tag in der Zusammenarbeit mit unseren Kolleg*innen und Kunden. Das Gute daran ist: Ein offener Umgang ist wie ein befreiender Türöffner und du kannst aktiv nach Lösungswegen fragen, bekommst Unterstützung und kannst so leichter die nächsten Schritte gehen. Spannungen wirken wie Treibstoff und helfen Menschen und Organisationen.

Warum fiel es mir am Anfang dann trotzdem so schwer, das Themenfeld zuzulassen und mit dem Konzept “Spannungen” zu arbeiten?

Zum einen habe ich den Begriff gleich negativ assoziiert. Als ich hörte, dass wir uns über unsere Spannungen im Vorfeld Gedanken machen sollten, war mir sofort klar: Es geht darum, Unzufriedenheiten ins Rampenlicht zu holen. Mir kam gar nicht in den Sinn, dass mit Spannungen auch ganz einfache Fragen, das Teilen von Informationen, das Aussprechen von Wünschen und Bedürfnissen gemeint sein kann. Es fühlte sich alles für mich schwer an und ich wollte mich nur ungern damit auseinandersetzen.

Und ich habe gemerkt, wie viel Überwindung mich die bewusste Auseinandersetzung und das darüber Sprechen gekostet hat.  Denn:

  • Spannungen entstehen immer nur bei einer Person, also nur bei mir, nicht bei anderen.
  • Es braucht ein gutes Setting, gerade in virtuellen Räumen, um von Spannungsthemen zu profitieren.
  • Die Anzahl der Spannungen, die eine Person verspürt, ist nicht vorgegeben. Es darf auch mehr sein.
  • Jede Spannung hat ihre eigene Frequenz.

Die Wirkung einer einfachen Frage: Was brauchst du?

Was brauchst du? Mit dieser Frage wenden wir uns an die Person, die eine Spannung ins Team einbringt. Diese Frage fasziniert mich. Sie ist so einfach und gleichzeitig verdichtet sie alles Gesagte auf eine Kernfrage. Wie bereits oben schon beschrieben, können die Antworten darauf für die Arbeit unglaublich wertvoll sein. Nicht nur für die eine Person, sondern  für das gesamte Team.

Alle 14 Tage blicke ich zurück auf das, was ich beruflich erreichen wollte und auch auf das, was ich noch erreichen will. Dazu nutze ich eine ganz einfache Matrix. Sie rückt meine To-Do’s und Perspektive in den Vordergrund – aber auch die Teamsicht. Und hier konnte ich zum ersten Mal auch den Begriff Spannungen praktisch einsetzen. Das hat mir geholfen, mir meiner Themen bewusster zu werden und sie leichter in Teammeetings einzubringen.

3 Tipps, wie du mit Spannungen leichter in Online-Konferenzen umgehen kannst.

1)         Wie kann eine Person ihre Spannung gut zum Ausdruck bringen? Ein gemeinsames Vorgehen hilft, deinem Thema einen guten Rahmen zu geben und dir ein offenes Ohr in Meetings zu verschaffen. Gibt es dafür ein gemeinsames Vorgehen? Wenn nicht, lohnt es sich auf jeden Fall beispielhafte Formulierungen zu geben. Zum Beginn braucht es Übung und für manche Menschen auch Überwindung, die treffenden Worte zu finden. Aber es lohnt sich. Einfache Formulierungen könnten z.B. sein:

  • „Ich habe da ein Thema“,
  • „Mir ist etwas unklar“,
  • „Ich benötige Unterstützung oder Feedback“.

2)         Ein Tool, das sich auch in Online-Meetings gut eignet, ist der virtuelle Spannungsspeicher. Damit kann jeder zunächst für sich die Spannungen wahrnehmen und in den Speicher einsortieren. Biete an, mit einem Spannungsspeicher auch in Online-Meetings zu arbeiten. In Vorbereitung auf ein Online-Meeting können die Themen, die besprochen werden sollen,  auch via Trello, Arsana & Co. vorab dem Teilnehmerkreis zur Verfügung gestellt werden. So besteht die Transparenz über die Themen, die im Meeting zur Sprache kommen sollen.

3)         Achte darauf, dass du in der Formulierung deiner Spannung andere nicht verletzt. Egal ob in einem Live-Meeting oder im schriftlichen Austausch: Die persönlichen Spannungen zu formulieren, braucht Übung. Gerade, wenn viele Emotionen im Spiel sind, werden die Formulierungen manchmal zunehmend persönlich. Vor allem jedoch, sollten sie wertschätzend sein und zum Ausdruck bringen, was du selbst brauchst, damit sich das Thema für dich entspannt.

Spannungsbasiertes Arbeiten bietet wirklich die Möglichkeit, mit deinem Team besser zusammenzuarbeiten und gibt mehr Raum, die eigenen Potentiale zu entfalten – wenn wir es gemeinsam zulassen und unterstützen. Probiere es einfach mal aus!

Herzliche Grüße, Stefanie Meise


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