Potentiale entdecken und entfalten durch Räume, die Menschen zusammen zu Gestaltern werden lassen.

Der Proberaum

Dieser Beitrag ist ein ganz persönlicher. Und ich möchte dich auf eine Gedankenreise einladen. Seit Monaten bewegt mich das Thema „Räume“. Häufig verbinden Menschen mit diesem Wort einen physischen Raum. Zum Beispiel einen Büroraum, eine Galerie, ein Spielzimmer, einen Warteraum. Manche verknüpfen mit diesem Begriff auch einen bestimmten Ort oder einen emotionalen Zustand.

Dabei bezieht der Raumbegriff auch Facetten ein: Begegnungs- und Kommunikationsorte, einen Platz des Experimentierens und Ausprobierens, einen Kraftraum, einen Raum der Stille – oder auch der lauten Töne. Räume dienen auch als Metapher für Gestaltungsmöglichkeiten und bieten Zwischenräume, in denen viele unterschiedlichen Tonalitäten und Schwingungen der menschlichen Verbundenheit einen bestimmten Rhythmus finden können. Und sicher gibt es noch einige Nebenräume…

Aber was fasziniert mich an Räumen?

Die Kirche als Proberaum

Seit vielen Jahren nehme ich eine längere Wegstrecke in Kauf, um meinen Friseur aufzusuchen. Auch weil er ein toller Mensch ist und es immer warmherzig zugeht. Ich mag es, wenn der Samstagstermin  möglichst vor 12:00 Uhr stattfinden kann. Dann versammeln sich in der gegenüberliegenden Kirche Hobby-Musikanten, die seit fast 20 Jahren die Kirche als musikalischen Proberaum nutzen dürfen. Der Deal ist: Das Orchester erhält den Proberaum kostenfrei und dafür spielen sie drei bis vier Mal im Jahr zu besonderen kirchlichen Anlässen. Alle sind happy.

Die Jungs im Proberaum

Was mich daran fasziniert: Hier spielen wöchentlich Musiker, die einfach Lust haben, zusammen zu musizieren. Aus Freude an der Musik. Das ist kein professionell organisiertes Orchester. Das sind Menschen, die einfach Freude haben, ihrer Leidenschaft gemeinsam nachzugehen. Mal spielen sie Jazz-Stücke, mal Rock`n Roll oder auch klassische Interpretationen. Sie haben sich gefunden, erfüllen den Raum mit unterschiedlichen Klängen und geben ihm so eine besondere Note. Und wenn die Musikprobe vorbei ist, gehen sie entspannt und glücklich wieder ihren Weg.

Das versammelte Potential im Raum

Und solche Räume faszinieren mich einfach. Da darf der Solist ins Rampenlicht und wird begleitet. Wenn es soweit ist, tritt er selbstredend in den Hintergrund und lässt den Bläsern den Raum erfüllen. Und dann gibt es immer auch die Individualisten, die vermeintlich gerne mal aus dem Takt fallen – auch sie bekommen einen Raum, ihre Stärken einzubringen. Manchmal spürt man Verstimmtheit, die Streicher haben vielleicht ihre Instrumente noch nicht gestimmt.  

Der Ton und die Musik: Sounds of Leadership

Ja, es gibt auch jemanden, der den Taktstock schwingt, aber das muss nicht immer dieselbe Person sein. Sie agieren selbstorganisiert. Manchmal gibt ein anderer den Takt vor, übernimmt temporär die Führung und übergibt den Taktstock bei dem nächsten Stück, bei dem andere Talente gefragt sind.

Sie können sich an den Kompositionen halten und wunderschöne Stücke spielen. Oder ein Stück wird neu arrangiert und interpretiert und ist auf diese Weise anders – aber auch wunderschön. Das alles passiert in einem Raum, der das Mögliche zulässt. Und Menschen, die sich in diesem Raum einfach gut fühlen und Freude an ihrem Tun haben.

Auch solche Momente gilt es im beruflichen Kontext zu fördern und zu unterstützen.

Den Raum ermöglichen

In Projekten oder in Workshops lässt es sich immer wieder beobachten: Wenn Menschen eine gemeinsame Aufgabe erhalten, die es zu lösen gilt, dann sind das ganz besondere Momente. Die Gruppe begegnet sich einerseits vorsichtig und gleichzeitig wissen sie, dass eine Aufgabe zu bewältigen ist. Automatisch finden sich Menschen, die den Takt einmal antesten, bevor sie ihn vorgeben. Einmal ausprobieren, wie die Stimmung, die Resonanz auf ihr Handeln ist. Sie lenken, moderieren und vereinen. Andere wiederum bringen sich ein, lassen sich mitziehen oder sind ganz stille Beobachter, die in einem kleinen Moment eine Idee oder eine Frage einbringen, die so viel Kraft hat, um auf die Lösungsrichtung zu kommen. Und wenn diese Menschen trotz ihrer unterschiedlichen Rollen spüren, dass ihre Fährte vielversprechend ist, Begeisterung aufkommt, dann kann eine starke Energie entstehen. Ein ganz besonderer Moment der Verbundenheit und Tiefe in einem Team wird spürbar.

Möglichkeitsräume entstehen.

Derzeit beschäftigen mich beruflich drei Raumumgebungen:

  • Da gibt es die unterschiedlichsten Arbeitsräume, wie das bekannte Büro, das Co-Working Space oder auch die virtuellen Räume. Wir verbringen täglich unglaublich viel Zeit in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen. Dazu habe ich bereits vor nicht allzu langer Zeit einen Blogpost geschrieben, den du hier nachlesen kannst:
  • Die Kreativ- und Gestaltungsräume, die in Unternehmen immer stärker in den Fokus rücken, wie z.B. Werkräume oder Innovations-Hubs.  
    • Die Idee zu fördern und z.B. mit einem selbst modellierten Prototyp real werden zu lassen, ist eine Möglichkeit, einer Kreativität Ausdruck zu verleihen. Die Visualisierung hilft anderen Menschen, eine Vorstellung zu entwickeln, wie ein Produkt oder eine Lösung ganz grundsätzlich aussehen könnte. Das erzeugt ein gemeinsames Bild einer Idee, worüber sich alle gemeinsam austauschen und ihre Gedanken teilen können.
  • Der Lernraum, der idealerweise ein Wachstums- und Entwicklungsraum für unterschiedliche Menschen sein sollte, in dem Kollaboration und Co-Creation erlebbar wird.
    • Oft erleben wir es noch, das Lernen im Klassenraum aufgrund der strickten Vorgaben durch Lehrpläne stark kuratiert wird. Lernen in einer komplexen und dynamischen Welt braucht aber auch Freiräume, um Lösungswege aufzuspüren, mal in Sackgassen zu landen und doch wieder neue Ideen zu entwickeln. Für diese freieren Lernräume können Ansätze aus dem Design-Thinking oder aus dem agilen Arbeiten wie Scrum für bestimmte Lerneinheiten neue Perspektiven ermöglichen.

Für mich ganz persönlich werden Räume, in welchen gemeinsames Arbeiten, Lernen und Wachsen ermöglicht werden, immer wichtiger. Und dieses Miteinander kann auch in Räumen stattfinden, die dafür im ersten Augenblick vielleicht untypisch wirken. Das macht neugierig.

Ich habe einfach Lust, die Kraft in diesen Räumen zu stärken und wirken zu lassen, ein Teil davon zu sein und gleichzeitig dazu beizutragen, dass die Menschen ihr volles Potential entdecken und ausschöpfen können.


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