Wir brauchen wieder mehr echte Begegnungen im Job.

In der schwierigsten Phase der Pandemie sind  viele Beschäftigte über Nacht ins kalte Wasser gestupst worden. Sie mussten von zu Hause, aus dem Home-Office, ihre Arbeit erledigen. Egal, ob das mit der familiären Situation oder den persönlichen Vorlieben zusammen passte oder nicht. Trotz der Distanz zum Unternehmen funktionieren viele, teils komplexe Arbeitsprozesse erstaunlich gut. Doch jetzt wird erkennbar: Echte Beziehungen fehlen, der soziale Kitt und die kollegiale Verbundenheit leiden.

Home-Office als echte Chance

In der ersten Krisenzeit war mein Home-Office-Ratgeber sehr nachgefragt. Viele Leser*innen nahmen Kontakt zu mir auf und auch Unternehmen suchten Rat und nutzen den Ratgeber als „Erste-Hilfe-Lektüre“.  Die Kernfrage war meist: Wie kann der Einzelne sich und die Arbeit gut von zu Hause aus organisieren? Mittlerweile ist das immer noch ein Thema. Weniger aus technischer Perspektive, sondern viel mehr aus der Perspektive Mensch. Das menschliche Bedürfnis nach Begegnungen, andere sehen und gesehen werden  – auch im Job – rückt in den Vordergrund.

Wie kommt das bzw. was passiert da gerade?

Beziehungen aufbauen & stärken

Echte kollegiale Begegnungen werden für Unternehmen und ihre Beschäftigen immer entscheidender. Erst jetzt wird sichtbar, was uns zwischenmenschlich fehlt, wie viele (informelle) Informationen auf dem Weg von A nach B doch verloren gehen. Und wie wenig wir vom Pulsschlag des Unternehmens mitbekommen, wenn wir uns kaum noch in den Büroräumen aufhalten.

Aber was braucht es, um Zusammenarbeit aller Beschäftigen wieder zu stärken und ein Wir-Gefühl zu entwickeln?  Es braucht Beziehungsarbeit.

In meiner dreiteiligen Serie zum Thema „Führen aus dem Home-Office“ gehe ich darauf ein, dass Leadership aus dem Home-Office einen angepassten Kommunikationsstil benötigt. Jetzt nach der Pandemie sind wir noch einen Schritt weiter: Führung ist mehr denn je echte Beziehungsarbeit!

Beziehungsarbeit ist Führungsarbeit

Im Büro und noch mehr im Home-Office oder wenn die Kolleg*innen remote unterwegs sind:  Kontakt- und Beziehungspflege ist eine Kernaufgabe zeitgemäßer Führung. Und eben auch den Rahmen für Entwicklung schaffen. Heute gehört das zur guten Führungsarbeit dazu, wie es z.B. die Haufe Group vorlebt.

Aktuell erleben wir jedoch, dass die Bindung zum Unternehmen seitens der Kolleg*innen eher abnimmt oder nach Neueinstellungen sich kaum entwickelt. Auch Führungskräfte bemerken eine Veränderung der Beziehung, die schwer beschreibbar ist, als ob irgendetwas zerbrochen ist, aber sich nicht zu erkennen gibt. Vielleicht ist es genau die richtige Zeit, sich mit den Menschen und Beziehungskommunikation nochmal viel intensiver auseinander zu setzen?

5 Gründe, warum echte Beziehungsarbeit wichtig ist

Was war eigentlich vor der Pandemie anders? Was hat das Büro vereint, das uns heute so fehlt? Dazu zählen sicher die menschlichen Begegnungen. Die kurzen Gespräche zwischendurch, die Flurgespräche, der Schnack vor der Kaffeemaschine, die uns ohne viel Aufwand gut tun und helfen. Vielleicht kommt dir der eine oder andere nachfolgende Punkt bekannt vor:

  • Hey, schön dich wieder zu sehen! – Miteinander verbunden bleiben, auch wenn man sich beruflich manchmal etwas aus den Augen verliert. Beziehungen zu spüren und Kontakte zu pflegen, ist ein ganz starker Kleber.
  • Spontaner Ideenaustausch – Manchmal ist es einfach Zufall: Zwei Kolleg*innen treffen sich an der Kaffeemaschine und kommen ins Plaudern. Dabei stellen sie zufällig fest, dass sie an derselben Sache tüfteln und gar nicht wussten, dass  sie damit nicht alleine sind.
  • Einfach mal machen – Initiative ergreifen: Eine Idee, die du schon längst in dir trägst, könnte klappen. Du bekommst auf den Fluren ein Gespür davon, was möglich ist und ob dafür ausreichend Offenheit im Unternehmen oder auch nur in deinem Team vorhanden ist. Und dann heißt es, einfach mal ausprobieren, den Initialfunken überspringen lassen und schauen, was sich daraus entwickelt.
  • Gut, dass ich dich gerade treffe – „Ich habe da ein Thema und du bist doch Expert*in darin – kannst du mal eben über die Sache drüber schauen?“ Die glücklichen Zufallsbegegnungen haben schon manchen Knoten gelöst.
  • Mitkriegen, wie es anderen geht – Manchmal braucht es dafür fast keine Worte. Du kannst es sprichwörtlich sehen, ob es dem anderen gut oder gar schlecht geht. Aber gerade dann, wenn es einem anderen nicht gut geht, ist ein empathisch geführtes Gespräch hilfreich, zu verstehen, ob der Schuh privat oder beruflich drückt und ob dein*e Kolleg*in Unterstützung oder einfach nur ein offenes Ohr braucht.

Ohne viele Worte ist es im Büro, auf den Fluren oder draußen auf dem Parkplatz viel leichter, Stimmungsbilder einzufangen. Du bekommst durch die informellen Begegnungen schnell einen Eindruck, woher der Wind weht und wie die Meinungslage wichtiger Stakeholder gerade so ist.

Wie funktionieren Flurgespräche bei virtuellen Teams?

Anders. Aber auch hier kann es wunderbar funktionieren. Du benötigst hierfür jedoch einen klaren Rahmen und eine digitale Plattform (Online-Raum, Chat etc.). In meinem Blogartikel „Erfolgstipps für Remote-Work“ gehe ich auf erprobte Praktiken ein und teile meine ganz persönlichen Erfahrungen. Auch im virtuellen Raum ist Beziehungspflege, Vertrauen und Verbindlichkeit ein ganz entscheidender Faktor. Das ist der Kitt, der Menschen zusammenhält.

Wie Communities gestaltet werden können

Immer mehr Führungskräfte und Mitarbeitende überlegen, wie sie den Kontakt untereinander ungezwungener und gleichzeitig verbindlicher gestalten und immer wieder in den Austausch kommen können.  Das Zwischenmenschliche rückt wieder in den Vordergrund. Das gemeinsame Miteinander, das direkte Diskutieren, Fluchen und Lachen. Alles, was im normalen Büro- oder Arbeitsalltag so passiert.  Damit das gemeinsame Erleben wirklich spürbar werden kann, organisieren viele Unternehmen mittlerweile kleinere Events im Büro oder größere Veranstaltungen von ganzen Abteilungen, die jedoch weniger den strengen Business-Charakter haben, sondern vielmehr ein modernes Großgruppenformat, welches viele Interaktionen zu vielen Kolleg*innen zulässt.

Nachfolgend stelle ich dir drei kleine Ideen vor, die du sowohl im Büro oder auch in einem Live-Online-Format gut umsetzen kannst:

3 kleine Austauschformate – virtuell oder im Büro:

Open Friday: Dieses Format wird von vielen modernen Unternehmen abteilungsübergreifend in Präsenz praktiziert. Dabei steht das voneinander Lernen im Mittelpunkt. In leicht abgewandelter Form lässt sich ein Open Friday-Format dann gut mit Break-Out-Sessions praktizieren, wenn das technisch geeignete Live-Online-Tool, wie z.B.  Zoom genutzt werden kann.

Retreats: Teams treffen sich tageweise, um bestimmte Themen konzentriert zu planen oder zu entwickeln. Manche Teams oder Kolleg*innen mit ähnlichen Interessen treffen sich regelmäßig, z.B. alle 14 Tage, manchmal treffen sie sich auch nur situativ, um an einer Idee zu tüfteln.  Starre Vorgaben gibt es nicht.

Communities: Wöchentliche Treffen von Menschen, die eine gleiche Rolle im Beruf ausüben. Zu welcher Abteilung man zugehörig ist, ist egal.

Fazit

Es die Zeit, sich wieder verstärkt um die Verbindungen zwischen Menschen zu bemühen – auch im Job, unter Kolleg*innen und Führungskräften. Lasst du daher wieder mehr Beziehungen eingehen und mit Menschen ganz aktiv in den Austausch kommen!


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