Hast du als Führungskraft bereits ausgedient? Werden Führungskräfte zukünftig zum Dienstleister der eigenen Mitarbeiter?

Zufällig bin ich in den letzten Wochen über Blockartikel von Svenja Hofert, Guido Bosbach und Carmen Fries gestolpert. Die Autoren haben das Thema „Die Führungskraft als Dienstleister“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln angerissen. Aber es wurde schon deutlich: “Eine Führungskraft, die zukünftig nicht bereit sein wird, als Dienstleister seinem Team zu dienen, hat ausgedient bzw. wird es in Zukunft immer schwerer haben.“

Schluck.

Was ist damit meint?

Führungskraft als Dienstleister

Führungskräfte sollen Dienstleister sein? Diese Vorstellung hat mich doch wirklich länger gedanklich und emotional beschäftigt.

Es sagt nämlich kaum jemand, wie man „mal eben“ als erfahrene Führungskraft eine andere, zeitgemäßere Führungsgrundhaltung annehmen kann. Wie kann ich mein altes Führungsverhalten auf ein zeitgemäßeres und anscheindend bessere Führungsverhalten „upgraden“?

Denn:  Ich möchte in Zukunft auch das machen, was ich gerne mache und womit ich mich identifiziere.

Ich möchte Menschen führen und Erfolge möglich machen.

 

Aber: Will ich als Führungskraft meinem Team dienen?

Ganz ehrlich.

Als ich mir diese Frage direkt gestellt habe, habe ich innerlich „große verständlichlose Augen“ bekommen.

Will ich Dienstleister sein?

Ich bin doch Führungskraft.

Ich bin seit fast 20 Jahren Führungskraft. Die Idee, die neue Arbeitswelt mitzugestalten, gefällt mir wirklich.

Das dachte ich zumindest.

Mit dem Kopf war ich schon deutlich weiter. Ich finde, dass jede Führungskraft sich mit den neuen Herausforderungen des Wettbewerbs, der Veränderungen und damit nicht zuletzt auch mit den Auswirkungen auf die Führungsanforderungen auseinander setzen muss.

Nur ist meine Einstellung noch nicht in meinem Herzen angekommen. Was ich hier ausspreche, fühle ich noch nicht zu 100%.

Und diese Erkenntnis hat mich doch sehr erschrocken. Ich dachte wirklich, dass ich weiter bin.

 

Altes vs. Neues Führungsverständnis

Bei einem Kundenbesuch vor ein paar Jahren hatte ein Vertriebsleiter aus der Kommunikationsbranche mir sehr einfach erklärt, wie er seine Rolle als Vertriebsleiter versteht:

„Als Vertriebsleiter bin ich dafür verantwortlich, dass alle Ressourcen, die für die Vertriebsprozesse benötigt werden, rechtzeitig und in guter Qualität bereitgestellt werden. Dann erst können meine Mitarbeiter eine Top-Leistung bringen. Ich unterstütze meine Mitarbeiter genau da, wo sie es brauchen. Natürlich verantworte ich auch die Gesamtumsätze im Vertrieb.“

Diese Erläuterung kam wie aus der Pistole geschossen. Und ich hatte damals den Eindruck, dass der Vertriebsleiter die Kundenprozesse wirklich im Fokus hatte, und alles darum sehr verantwortlich ausrichtete.

Mir hat diese Beschreibung damals gefallen. In meiner Wahrnehmung steckt hier sehr viel Dienstleistung in seinem Führungsverständnis drin.

Nun, ist das jetzt ein veralteter Denkansatz? Oder geht es hier nur um den Führungsstil und die Haltung die sich ändern muss?

Das beschäftigt mich schon sehr…

 

Wir reagieren immer schneller auf Kunden- und Marktanforderungen mit den Methoden, die in irgendwelchen Handbüchern in Stein gemeißelt sind, die unausgesprochen schon seit Ewigzeiten gelten. Mit einer Führungsmannschaft, die selber noch nach den alten Methoden von der Unternehmensleitung geführt wird.

Und diese Führungsmannschaft soll jetzt ihre Mitarbeiter dazu bewegen, diese dynamischen Veränderungen erfolgreich zu meistern, damit sich das Unternehmen am Markt behaupten kann.

Die Führungsarbeit in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt benötigt demnach agilere Vorgehensweisen, auch von mir als Führungskraft.

Aber muss ich als Führungskraft Dienstleister sein?

 

Was ist eigentlich....

Was bedeutet Dienstleistung im Führungskontext?

Insbesondere bei IT- Unternehmen haben sich Anforderungen an die Leistungserbringung verändert. Dort wird viel stärker in  Projekten mit Scrum, Kanban oder auch mit einem Mix gearbeitet. Im Fokus steht das Projekt, die User-Story und die Projektteams wollen das Projekt schaffen.

Die Rolle einer „Führungskraft“ sieht eher so aus, dass sie dem Team „Probleme vom Halse schafft“ und Kompetenzen stärkt und fördert.

Gerade selbstorganisierte Teams stecken einen eigenen Weg ab, welche nächsten Arbeitsschritte sie gehen möchten. Diese gibt die Führungskraft dann nicht vor, weil die Verantwortung auf mehreren Schultern lastet.

Die Arbeit findet also in agilen, selbstorganisierten Teams statt, die eine andere Art der Führung wollen als die traditionelle.

Führungskräfte, die vorweggehen, die die Richtung vorgeben, Ansagen machen und mal auf den Tisch hauen, sind nicht mehr so gefragt.

Es sind Leader gefragt, die ihre Teams im Wertschöpfungsprozess unterstützen, d.h. Kompetenzen stärken, Entwicklungen fördern, cross-funktional kommunizieren, Netzwerke moderieren usw.

Die persönliche  Grundhaltung zur Leader-Rolle scheint also anders zu sein als bei der klassischen Führungs-Rolle.

 

Die Kernfragen für moderne Führungskraft lauten:

  • Wie kann ich meine Organisation und mein Team durch meine Arbeit als Führungskraft ganz konkret unterstützen und helfen?

  • Was verändert sich auf dem Markt, bei den Kunden und welche Auswirkungen hat das auf unsere Leistungserbringung? Müssen wir Anpassungen vornehmen?

  • Welche Bedürfnisse signalisieren mir meine Mitarbeiter in diesen unterschiedlichen Situationen?

  • Wie kann ich Orientierung bieten?

  • Wie gehen wir in unserem Bereich ganz praktisch mit der Situation um?

  • Was ist der größte Knackpunkt? Was löst die größte Verunsicherung aus und was kann ich dafür tun, einen stabilen Rahmen zu schaffen?

Ich habe aber überhaupt kein Problem, auf Augenhöhe mit Menschen zu arbeiten.

Ganz im Gegenteil!

Mal den eigenen Mitarbeitern Vortritt zu lassen, wenn sie es besser wissen oder besondere Fähigkeiten haben, gemeinsam an Lösungen zu tüfteln und den Rahmen zu gestalten, so dass Erfolg möglich ist.

Das macht mir sogar Spaß und bringt mich auch weiter.

Ich habe ein echtes Problem mit dem Begriff „Dienstleister“. Obwohl mir bewusst ist, dass sich Führung ändert.

Diese Spannungssituation hat mich belastet. Kopfmäßig bin ich  davon überzeugt, dass wir Führungskräfte stärker als in der Vergangenheit das Führungsverhalten, die eigene Einstellung und das Rollenverständnis den neuen Rahmenbedingungen anpassen müssen.

Meine ganz persönliche Lösung

 

Möglichmaer

Ich streiche den Begriff „Dienstleistung“ im Kontext Führung.

Durch Zufall bin ich über eine Wortkreation gestolpert, die für mich das richtige Wort für meine neue Rolle als Führungskraft zu sein scheint: „Möglichmacher/-in“

Der Begriff „Möglichmacher“ berührt mich ganz tief und dockt an meiner inneren Haltung an. Der Begriff trägt mich in meiner inneren Haltung auf einer Brücke von der alten hin zur neuen Führung.

Als Möglichmacherin kann ich auf mein Erfahrungswissen bauen, mich gegenüber den neuen Rahmenbedingungen aufgeschlossen zeigen, Teams die Unterstützung geben, Menschen individuell begleiten und fördern.

Ich habe die Chance, mit meinem Handlungen Menschen zu unterstützen, damit das Ziel erreichbar wird – also ermöglicht wird.

Im Grunde ist es das Gleiche: ob ich Dienstleister oder Möglichmacher sage. Für eine gestandene Führungskraft, die noch kaum in agilen Arbeitsumgebungen gearbeitet hat, ist Möglichmacher in meinen Augen der bessere Begriff.

Für andere ist das vielleicht „Dienstleistung“, ich mache sie einfach möglich und das fühlt sich für mich besser an.

Herzliche Grüße, Stefnie Meise


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