Digitales Lernen in der betrieblichen Weiterbildung: Was sind die Trends 2016 und warum ist es so wichtig, sich als Führungskraft mit digitalem Lernen auseinander zu setzen? Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade “Digitales Lernen 2016
Wissen & Kompetenzen.
Das Gold der Zukunft.
So oder so ähnlich habe ich es vor kurzem in einer Studie gelesen.
Klingt logisch, wenn man die ganzen Prognosen zur Zukunft, z.B. zur Industrie 4.0 unter die Lupe nimmt..
Vor ein paar Jahren haben wir ganz stark von “Lebenslangem Lernen” gesprochen. Und ich weiß, dass viele Entscheider und Führungskräfte bei diesen Wörtern heute noch innerlich die Augen verdrehen. Das klingt auch fürchterlich altbacken und pseudopädagogisch. Aber: Gerade das Schreckgespenst “Demografischer Wandel und Arbeiten 4.0” machen es zur Notwendigkeit, sich mit der Themenwelt und den daraus ableitendenden Handlungsnotwendigkeiten auseinanderzusetzen.
Betriebliche Weiterbildungsprogramme und individuelle Mitarbeiterförderung sind dabei ein Baustein für Unternehmen, um für die Wettbewerbsfähigkeit gerüstet zu sein.
Die Halbwertzeit des Wissens hat sich in den letzten Jahren dramatisch verkürzt. Globalisierung und Digitalisierung beschleunigen die Wertschöpfungsprozesse dagegen sehr. Unternehmen müssen sich sputen, um Innovationen zur Marktreife zu entwickeln und die “hellsten Mitarbeiter-Köpfe” zu engagieren, ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln und die Mitarbeiter zu halten. Wissen & Informationen sind zum echten Produktionsfaktor geworden.
Definition: Was ist digitales Lernen?
Es ist schon spannend, dass es keine echte verbindliche Definition vom digitalen Lernen gibt. Eine Erhebung der KMPG hat Digitales Lernen von ganz unterschiedlichen Seiten her beleuchtet. Man kann es wie folgt beschreiben: Digitales Lernen ist Lernen mit Unterstützung moderner Technologien und findet internetbasiert als synchrone und/oder asynchrone Lernform statt. Dabei gibt es eine große Vielfalt von digitalen Lernformaten, für die unterschiedlichen Lerntypen und Lerngenerationen.
Die Umschreibung trifft es gut.
Digitales Lernen hämmert an den Pforten der Unternehmen.
Ich führe mit Unternehmen berufsbedingt sehr viele Bedarfsgespräche zu Weiterbildungsprogrammen. Und ganz persönlich setze ich mich als Führungskraft mit den Bildungsbedarfen meiner Mitarbeiter auseinander und frage mich, wie ich schnellstmöglich die Kompetenzen Mitarbeiter fördern und Defizite abbauen kann. Egal welche Art der Kompetenzen.
Die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr 2015 zeigt, dass sich viele Unternehmen mit einer digitalen Form der Weiterbildung ernsthaft auseinandersetzen. Entweder als klassisches E-Learning oder als rein videobasierte Form. Überlegungen gehen auch stärker in Richtung Blended Learning, also ein Weiterbildungsformat, welches das klassische Seminar um verschiedene digitale Lernelemente erweitert.
Auch wird endlich mehr über systematische Personalentwicklung nachgedacht und zielgerichtet sowohl in Talent-Managementprogramme, Onboarding-Programme als auch in Fachexperten- und Führungsprogramme investiert.
Allerdings scheinen die Kriterien für ein Invest in die betriebliche Personalentwicklung häufig eher willkürlich, preisgetrieben, ad hoc und ohne echtes Konzept zu sein.
Was tun Unternehmen, um die Mitarbeiterkompetenzen für Herausforderungen der Zukunft weiterzuentwickeln?
Eine ganze Menge.
Sie bieten Ihren Mitarbeitern Seminare, Coachings, Workshops und besondere Entwicklungsprogramme an. Immer häufiger werden web und/oder videobasierte Lernprogramme als Teil der Weiterbildung eingeführt. Insbesondere bei Standardthemen wie z.B. Arbeitssicherheit versuchen viele Unternehmen auf Standard-E-Learning Lösungen zu setzen und damit den Vorschriften Genüge zu tun.
Gerade die Bedeutung von HR-Management ist in den Fokus gerückt. Es wird immer deutlicher, dass HR viel mehr Verantwortung für die Bereitstellung und Weiterentwicklung von Know-How erhalten muss. In vielen Unternehmensleitungen wächst die Erkenntnis: Es muss in systematische Personalentwicklung investiert werden und die Personalabteilung muss mit Kompetenzen ausgestattet werden.
Das ist wirklich, wirklich wichtig.
Erfahrungen mit digitalem Lernen in Ausbildung, Fortbildung
Ganz häufig ist erkennbar, dass Unternehmen bereit sind, in sogenannten Lernplattformen wie in Ilias, Moodle oder in fertige Content-Lösungen zu investieren. Diese Entscheidung ist dann in der Regel kostspielig. Es werden auf einmal externe Berater, IT-Experten und Bildungskonzeptentwickler benötigt, die das Bildungsprogramm mit voranbringen. Oft reicht das nicht aus, weil die interne IT, der Datenschutzbeauftragte und Betriebsrat auch noch ein Wörtchen mitreden wollen.
Also passiert genau das, was einer echten Idee den Zauber nimmt. Es wird eine abteilungsübergreifende Projektgruppe gegründet, teils mit externer Beteiligung. Die soll es dann richten, schnell und kostengünstig. Häufig verfügen viele Projektbeteiligte über die notwendigen Kompetenzen für diesen Entscheidungsprozess aber gar nicht. Das ist dann nicht nur Pech sondern dramatisch für eine notwendige betriebliche Weiterbildungslösung.
Eine Frage sollte dabei nicht zu kurz kommen: Nutzt das Wunschprogramm auch den Mitarbeitern? Unterstützt es Mitarbeiterentwicklung?
Zur Begründung von Investitionskosten wird sich derzeit sehr stark die Bildungsformel 70-20-10 von Contentanbietern (http://www.weiterbildungsblog.de/2015/04/29/das-702010-modell-%E2%80%93-lernen-neu-entdecken/) zitiert. Das dahinter liegende Model stellt gerade selbstgesteuertes betriebliches Lernen in den Fokus und das klassische, gestaltende Lernen rutscht u.a. mit den herkömmlichen und bewährten Präsenzseminaren auf den hintersten Platz.
Jetzt mal ehrlich.
Ändert sich mit einem E-Learning oder mit einem Blended-Learning-Programm die Lernart, das vorgegebene und organisatorische Lernen?
Nein. Lernen wird jetzt mit einem Medium anders transportiert und findet anders statt. Das ist aber nicht das Geniale, was die 70-20-10 Formel suggeriert.
Die Gefahr ist wirklich, dass ein teures Programm angeschafft wird und es kaum einer gerne nutzt.
Fiktion? Überhaupt nicht.
Genau das höre ich sehr häufig hinter vorgehaltener Hand von Personalentwicklern.
Warum werden viele E-Learning-Plattformen von Mitarbeitern nicht angenommen?
- Es fehlt die digitale Anwender- und Selbstlernkompetenz bei Mitarbeitern. Nicht jeder Mitarbeiter kann gleich gut mit dem PC und den Programmen umgehen und selbstgesteuert lernen.
- Der soziale und zwischenmenschliche Aspekt kommt zu kurz: Menschen möchten sich über Neues austauschen, diskutieren und das Thema verstehen.
- Das didaktische Lerndesign des Programms spricht die Zielgruppe nicht wirklich an, bezieht den Nutzer zu wenig mit ein und berücksichtigt keinen dialogischen Austausch oder synchrone Elemente im Programm.
- Eine Lernart, die überwiegend vertrauter Arbeitstätigkeit entgegensteht, kann belastend sein und verursacht Stress anstatt Vergnügen.
Dititales Lernen – Trends 2016
In Unternehmen wird auch in 2016 sehr stark auf traditionelles und organisiertes Lernen gesetzt. Die Lernformate werden stärker in den Fokus rücken. Weiterbildung findet in klassischen Seminaren statt, via E-Learning oder Blended-Learning. Lernvideos und eigene E-Learning-Programme werden noch stärker nachgefragt werden, das zeigt auch die aktuelle Trendstudie “mmb-Delphi-Lerning” zum mobilen Lernen.
Meine ganz persönliche Meinung dazu ist folgende:
Aktuell wird verstärkt das Thema “Gamification” gehypt. In der betrieblichen Weiterbildung ist das eher ein Thema für größere Unternehmen als für den Mittelstand. Der Zeit- und Kostenaspekt ist für zugeschnittene Lösungen sehr deutlich.
Potcasts als digitales Lernformat scheint derzeit ein “Underdog” zu sein. Von interessierten Mitarbeitern werden sie verstärkt nach Lust und Laune genutzt und das Wissen ungezwungen konsumiert. Potcasts sind eine sehr einfache und preiswerte Möglichkeit Fachwissen und Ideen asynchron, sehr lebendig und zeitunabhängig zu transportieren.
Netzbasiertes, vernetztes Lernen wird als Thema populärer in den Fokus der Öffentlichkeit rücken – Ob Unternehmen und Führungskräfte jetzt schon das Thema auf die Unternehmensorganisationen herunterbrechen können, bleibt abzuwarten.
Aber aufgepasst- nur weil das Unternehmen noch nicht soweit ist, heißt das nicht, dass Mitarbeiter sich nicht jetzt schon damit spielerisch beschäftigen. Karl Heinz Pape beschreibt in seinem Blogartikel sehr spannend, wie vernetztes Lernen funktionieren kann und wie sich das “neue Miteinander” entwickeln muss.
3 Tipps für Führungskräfte, um auch mit einfachen Mitteln zukunftsorientiertes Lernen zu unterstützen.
1) Transfersicherung beginnt schon VOR der Weiterbildung
Häufig beschränkt sich die Rolle der Führungskraft darauf, eine Weiterbildung zu genehmigen. Aber in dem gesamten Weiterbildungsprozess kommt der Führungskraft eine ganz entscheidende Rolle zu. Für einen echten Mehrwert und Praxistransfer ist es grundlegend, dass Führungskraft und Mitarbeiter bereits im Vorfeld konkrete Erwartungen und Ziele formulieren.
Dazu ist es sehr hilfreich, wenn sich beide ein bis zwei Wochen vor dem Seminar austauschen, um zu formulieren, in welchen beruflichen Bereichen, Situationen oder Lernfeldern nach der Weiterbildung eine Veränderung passieren soll.
2) Die Führungskraft als Transfer-Manager
Neben einem Vorbereitungsgespräch ist auch ein Nachbereitungsgespräch wichtig. Lern- und Praxistransfer sind keine terminlichen Ereignisse. Vielmehr sollte ein Umsetzungsprozess bei dem Mitarbeiter stattfinden. Hierfür können sogar mehrere, in mehrwöchigem Abstand geführte Nachbereitungs- oder Transferbegleitgespräche zwischen Führungskraft und Mitarbeiter unterstützend sein. Dabei steht die gemeinsame Reflexion der Weiterbildungsmaßnahme im Vordergrund. Gerade wenn es in der Umsetzung nicht reibungslos klappt oder Fragen aus dem Berufsalltag aufkommen, ist ein guter Austausch zur Sicherung und Anwendung des Gelernten wichtig.
3) Zeitliche Freiräume schaffen und Austausch in einer Online-Learning-Community.
Damit neue Lernerfahrungen gemacht werden können, sind zeitliche Freiräume zum Ausprobieren Gold wert. Allzu oft werden die guten Vorsätze, die man eben noch im Seminar gefasst hat, Opfer von Tagesroutinen und Terminzwängen. Aus diesem Grund sollten Führungskraft und Mitarbeiter im Nachbereitungsgespräch gemeinsam abstimmen und festhalten, welche Zeitfenster benötigt werden und wie der Mitarbeiter diese sicher einhalten kann.
Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung des Lerntransfers bieten Online Learning Communities oder Mastermind-Gruppen. Innerhalb solcher Communities haben die Teilnehmer die Möglichkeit, an Aufgaben gemeinsam weiter zu arbeiten, sich gemeinsam über Probleme und Lösungen auszutauschen oder auch einfach nur über das Seminar hinaus als Sparringspartner in Kontakt zu bleiben.
Herzliche Grüße Steffi Meise
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